Herbstzeit ist Laufzeit: Die kühlen Temperaturen bieten ideale Laufbedingungen, denn weder Hitze noch eine hohe Luftfeuchtigkeit machen dem Körper zu schaffen. Dennoch brauchen unsere Muskeln jetzt länger, um warm zu werden. Wir verraten Ihnen daher, wie Sie Überlastungen vorbeugen können und wie Sie nach einer Verletzung schnell zum Ausdauersport zurückkehren.
Sportverletzungen beim Laufen: Was tun, wenn die Knie, Schienbeine oder Füße schmerzen?
Laufen gilt als besonders gesund: Es trainiert den Stoffwechsel, stärkt das Immunsystem, steigert die Knochenfestigkeit, verbessert die Köperhaltung und ist ein wahrer Stimmungsaufheller, wenn sich im Herbst die Sonne wieder zu verstecken beginnt. Dennoch beansprucht es auch unseren Körper. „Oftmals starten Läufer:innen untrainiert, muten sich zu viel zu oder absolvieren ihr Lauftraining unter Zeitdruck – dies kann zu Verletzungen führen. Es kommt zu Überlastungserscheinungen, die einen behindern“, sagt Prof. Dr. med. Thomas Lichtinger von der SRH Hochschule für Gesundheit am Campus Leverkusen.
Typische Verletzungen bei Läufer:innen
Schmerzen treten häufig an den unteren Extremitäten, d. h. an den Knien, Beinen und Füßen auf. Besonders bekannt sind das sogenannte ‚Läufer:innen-Knie‘ und das ‚Jumpers-Knie‘, bei denen es sich um eine Überlastung der Sehnen und Bänder unterhalb der Kniescheibe bzw. im Bereich der Kniescheibenspitze handelt. Es kommt zur Reizung des Kniegelenks, vor allem bei stärkeren Belastungen wie Hügelläufen oder Bergwanderungen. Oberste Priorität hat die Linderung des Schmerzes: „Reduzieren Sie die Belastung, kühlen Sie das Knie, verwenden Sie gegebenenfalls entzündungshemmende Medikamente oder Salben. Wenn nichts mehr schmerzt, beginnt die Vorsorge: Ungünstige Belastungen können durch eine Optimierung der Lauftechnik, durch spezielle Laufschuh-Dämpfungssysteme oder Einlagen verringert oder sogar ausgeglichen werden. Holen Sie sich hierbei ärztlichen Rat ein. Erst nach einer Laufpause sollten Sie Ihr Pensum stufenweise wieder erhöhen“, so Prof. Dr. med. Lichtinger.
Eine weitere, häufige Erkrankung ist das Schienbeinkantensyndrom. Verspüren Läufer:innen beim Joggen ein Ziehen oder einen dumpfen Schmerz am vorderen Unterschenkel, kann dies darauf hindeuten. „Es kommt meist schleichend und entsteht, weil der Übergang von Faszie zu Schienbeinknochen aufgrund der Belastung beim Laufen immer wieder gereizt wird“, meint Prof. Dr. med. Lichtinger. Linderung kann neben einer Trainingspause und einem geänderten Training auch eine Schienbeinbandage verschaffen. Sie hilft so ein erneutes Auftreten der Beschwerden vorzubeugen.
Optimale Therapie bei Läufer:innen-Problemen
Neben konservativen Therapiemethoden, wie Schonung, Kühlung, Wärme, gezieltes Muskeltraining sowie weiteren, physiotherapeutischen Maßnahmen können bei schwerwiegenden Verletzungen zusätzliche Behandlungsmethoden notwendig sein. „Bei Knorpelschäden werden beispielsweise spezielle Infiltrations- und Injektionstechniken zur Linderung der Schmerzen angewandt. Auch eine Therapie mit Stoßwellen oder Akkupunktur können in Einzelfällen helfen. Dank dieser Maßnahmen ist eine Operation oft überflüssig“, erläutert Prof. Dr. med. Lichtinger. Operative Eingriffe sollten in der Regel das letzte Mittel sein, um zur Beschwerdefreiheit zu gelangen.
Lauftraining – aber richtig!
Um Verletzungen beim Laufen vorzubeugen, gilt für jede Laufeinheit: Nicht zu hart, aber dafür regelmäßig trainieren. „3-mal pro Woche 20 Minuten zu laufen, ist meist effektiver und schonender als 1-mal pro Woche eine Stunde zu joggen. So werden die Gelenke, Sehnen und Bänder gleichmäßig belastet, aber nicht überlastet“, erklärt Prof. Dr. med. Lichtinger. Zudem sollten Läufer:innen darauf achten, dass die Schuhe auf die eigenen Bedürfnisse sowie den Untergrund abgestimmt sind. „Es ist gesünder auf weichem Waldboden zu laufen, als auf geteerten Straßen. Dass Joggen im Wald sicherlich Spaß macht und zusätzlich unser Immunsystem stärkt, ist schon lange kein Geheimnis mehr.“
Ein letzter Tipp: Nicht für jedes Training müssen die Laufschuhe geschnürt werden. Gerade bei Schmerzen ist es empfehlenswert, alternative Trainings einzuplanen. Fahrradfahren, Schwimmen oder auch Wandern sind weniger belastend für die Gelenke. So werden die Beine geschont, ohne dass die Kondition leidet.
Das Interview führte Jil Laucher
Prof. Dr. med. Thomas Lichtinger
ist seit März 2020 Professor im Bachelorstudiengang Physician Assistant an der SRH Hochschule für Gesundheit am Campus Leverkusen. Nach dem Studium der Humanmedizin in Bochum und Essen absolvierte er die Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Universitätsklinik in Essen. Es folgten Tätigkeiten als Oberarzt und im Anschluss als Chefarzt an renommierten orthopädischen Kliniken. Er ist Partner einer größeren operativen Gemeinschaftspraxis. Seine Schwerpunkte sind der künstliche Gelenkersatz, Fußchirurgie und Kinderorthopädie.